Zwischen Zollhoffnung und Zollschock

Die globalen Aktienmärkte setzten ihre Erholung aus dem Frühjahr fort. So erreichte der S&P 500 am 28. Juli 2025 mit knapp 6’389 Punkten ein neues Allzeithoch, während auch der FTSE 100 Mitte Juli Rekordstände verzeichnete.

Eine aktuelle Einschätzung über die Entwicklungen auf den globalen Finanzmärkten im Juli 2025:

1. Aktien

Angesichts der publizierten Quartalszahlen, neuer US-Handelstarife Anfang August und der Erwartung möglicher Fed-Zinssenkungen dürfte der Markt anfällig bleiben. Anlegerinnen und Anleger sollten im August mit erhöhter Volatilität und kurzfristigen Rücksetzern rechnen. Dank vorläufig noch solider Unternehmensgewinne und erwarteter Zinssenkungen bleiben Aktien aber mittelfristig auf positivem Kurs.

2. Zinsen

Die aktuellen US-Leitzinsen liegen bei 4,25 bis 4,50 Prozent, doch aufgrund schwacher Arbeitsmarktdaten und zunehmender Rezessionssorgen erwarten die Märkte bereits im September 2025 eine erste Zinssenkung. Zwar könnten neue Handelszölle die Inflation wieder anheizen, doch bislang bleiben die Effekte moderat und setzen nur mit Verzögerung ein. Die Fed signalisiert daher Vorsicht, dürfte bei einem weiteren Konjunkturabschwung aber den geldpolitischen Kurs lockern.

Die SNB hat im Juni 2025 den Leitzins auf 0 Prozent gesenkt und könnte bei schwacher Nachfrage oder neuen US-Strafzöllen von 39 Prozent weitere Senkungen oder sogar wieder negative Zinsen einsetzen, um die Konjunktur zu stützen.

3. US-Dollar

Der US-Dollar bleibt unter Druck, nicht zuletzt wegen der politischen Unsicherheiten in den USA. Die fragile Haushaltslage und ein zunehmender Einfluss der Politik auf die Geldpolitik schwächen das Vertrauen in die Währung. Anlegerinnen und Anleger reagieren bereits zurückhaltender. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte der Dollar auch langfristig an Attraktivität verlieren.

4. Gold

Die strukturellen Treiber für Gold bleiben intakt. Die Nachfrage nach sicheren Häfen hält an, Zentralbanken kaufen weiter ein und der schwächere US-Dollar sorgt für zusätzlichen Rückenwind. Mittelfristig spricht vieles für weiter steigende Goldpreise.

5. Öl

Die OPEC+ dreht im September 2025 den Hahn weiter auf: Mit zusätzlichen 547’000 Barrel pro Tag fallen die Kürzungen von 2023 komplett weg. Insgesamt strömen so 2,2 Millionen Barrel mehr auf den Markt. Der Fokus verschiebt sich von Preisstützung zu Marktanteilen, trotz IEA-Warnung vor einem drohenden Überangebot. Einige Analystinnen und Analysten sehen den Ölpreis bald bei rund 60 Dollar je Barrel.

Dies ist eine Einschätzung von Adriano Lucatelli, Finanzexperte und Mitgründer sowie Geschäftsführer von Descartes. Die Prognosen und Aussagen über die Finanzmärkte widerspiegeln die persönliche Meinung von Adriano Lucatelli zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich jederzeit verändern. Verweise auf bestimmte Wertpapiere, Vermögensklassen oder Finanzmärkte dienen nur zu Illustrationszwecken und sollten nicht als Beratung oder Empfehlung in Bezug auf den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren verstanden werden.