Wie funktioniert die zweite Säule in der Schweiz?

Die zweite Säule, gesetzlich verankert im BVG, kurz erklärt: Einzahlung, Grenzbeträge, Auszahlung, Vorzeitiger Bezug, Rechenbeispiele.

Die zweite Säule ist die berufliche Vorsorge im Schweizer Vorsorgesystem. Zusammen mit der staatlichen Vorsorge (erste Säule) und der  privaten Vorsorge (dritte Säule mit der Säule 3a und Säule 3b) soll der Lebensstandard auch nach der Pensionierung gesichert werden.

 


Überblick:

  1. Einzahlung in die 2. Säule

  2. Rechenbeispiel: Rente nach Pensionierung

  3. Aktuelle Grenzbeträge der 2. Säule in der Schweiz

  4. Auszahlung der 2. Säule

  5. Vorzeitiger Bezug der Pensionskasse


1. Einzahlung in die 2. Säule

Der Arbeitgeber kümmert sich um den Anschluss an die zweite Säule. Er bezahlt mindestens die BVG-Beiträge für seine Angestellten direkt dort ein. Dabei zieht er den Arbeitnehmenden einen monatlichen Betrag direkt vom Lohn ab. Im BVG wird verlangt, dass der Arbeitgeber für mindestens die Hälfte der Prämien aufkommen muss. Das bedeutet, dass er den Betrag, den er den Angestellten für die BVG-Vorsorge jeden Monat abzieht, in doppelter Höhe an die Pensionskasse einzahlt. 

Die Beträge, die Arbeitnehmende monatlich an die Pensionskasse entrichten müssen, sind im Rahmengesetz BVG wie folgt definiert:
 

Alterskategorie

Sparbetrag in % vom versicherten Lohn

25–34

7%

35–44  

10%

45–54

15% 

55–65

18%

Das sind die gesetzlichen Mindestvorgaben. Es steht dem Arbeitgeber frei, eine Pensionskassenlösung zu wählen, welche über diese gesetzliche Bestimmung hinausgehen. Dies ist für die versicherten Personen nach der Pensionierung vorteilhaft, wie nachfolgendes Rechenbeispiel zeigt. Nebst den monatlichen Einzahlungen wird den Versicherten auch der jährliche Zins auf dem angesparten Kapital gutgeschrieben. Zur Verzinsung gibt es von den Behörden eine Vorgabe: Für 2025 liegt der Mindestzinssatz bei 1,25 Prozent.

2. Rechenbeispiel: Rente nach Pensionierung aus der BVG-Pensionskasse

Gesetzliches Minimum (obligatorische Leistungen)

Frau Siegrist ist 49 Jahre alt und verdient 95'000 Franken pro Jahr. Die Firma ist zum gesetzlichen Minimum versichert, was bedeutet, dass in der Pensionskasse ein Lohn von 64'260 Franken (Stand 2025) versichert ist (siehe Abschnitt über Grenzbeträge weiter unten). Ihr werden folglich jedes Jahr 15 Prozent vom versicherten Lohn auf das individuelle PK-Konto gutgeschrieben – davon bezahlt der Arbeitgeber mindestens die Hälfte. Konkret bedeutet das für Frau Siegrist einen monatlichen Lohnabzug von 402 Franken (64'260 x 15% : 2 : 12), welcher ihrem Konto bei der Pensionskasse gutgeschrieben wird. Zusammen mit dem Anteil des Arbeitgebers, der nochmals den gleichen Betrag auf ihr Konto einzahlt, werden monatlich 804 Franken gespart. Bis zur Pensionierung in 16 Jahren hat sie ein BVG-Kapital von 305'000 Franken (Schätzung, die vorher angespartes Kapital und Zins berücksichtigt). Bei einem ​Umwandlungssatz​ von 6,80 Prozent erhält Frau Siegrist eine lebenslängliche Pensionskassenrente von jährlich 20'740 Franken beziehungsweise 1'728 Franken pro Monat.

 

Jahreslohn

CHF 95000.–

Versicherter Lohn

CHF 64260.–

Sparbeitrag 49-Jährige: 

15%

Monatlicher Sparbetrag Total:

CHF 804.– 

Davon Anteil Arbeitnehmerin:

CHF 402.–

Davon Anteil Arbeitgeber:

CHF 402.–

Rente nach Pensionierung:

CHF 1728.– monatlich

Überobligatorische Leistungen

Hier sind die Leistungen höher als es das Gesetz verlangt. Frau Siegrist ist 49 Jahre alt und verdient 95'000 Franken pro Jahr. Zum Beispiel gibt es keinen Koordinationsabzug, was bedeutet, dass in der Pensionskasse ein Lohn von 95'000 Franken versichert ist (überobligatorische Leistung). Ihr werden folglich jedes Jahr 15 Prozent vom versicherten Lohn auf das individuelle PK-Konto gutgeschrieben – davon bezahlt der Arbeitgeber mindestens die Hälfte. Konkret bedeutet das für Frau Siegrist einen monatlicher Lohnabzug von 594 Franken (95'000 x 15% : 2 : 12), welcher ihrem Konto bei der Pensionskasse gutgeschrieben wird. Zusammen mit dem Anteil des Arbeitgebers, welcher nochmals den gleichen Betrag auf Ihr Konto überweist, werden monatlich 1'188 Franken gespart. Bis zur Pensionierung in 16 Jahren hat sie ein Freizügigkeitskapital von CHF 463'000 (Schätzung, die bestehendes Guthaben und Zinsen berücksichtigt). Bei einem Umwandlungssatz von 5,50 Prozent* erhält Frau Siegrist eine lebenslängliche Pensionskassenrente von jährlich 25'465 Franken beziehungsweise 2'122 Franken pro Monat.

*Hinweis zum Umwandlungssatz von 5,50 Prozent: Da die Pensionskasse einen höheren Lohn versichert als es das Rahmengesetz verlangt, kann der Umwandlungssatz reduziert werden. In einer Schattenrechnung wird aber geprüft, ob mit dieser Vorgehensweise der Rentenanspruch mindestens den gesetzlichen Vorschriften – dem Rahmengesetz BVG – entsprochen wird. Ist dies der Fall, kann der reduzierte Umwandlungssatz angewandt werden, weil immer noch mindestens die Leistungen gemäss BVG ausgerichtet werden. Wäre es anders, müsste der Umwandlungssatz entsprechend erhöht werden.

 

Jahreslohn

CHF 95000.–

Versicherter Lohn

CHF 95000.–

Sparbeitrag 49-Jährige: 

15%

Monatlicher Sparbetrag Total:

CHF 1188.– 

Davon Anteil Arbeitnehmerin:

CHF 594.–

Davon Anteil Arbeitgeber:

CHF 594.–

Rente nach Pensionierung:

CHF 2'122.– monatlich

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3. Aktuelle Grenzbeträge 2. Säule Schweiz

Massgebend sind folgende Kennzahlen (Stand 2025):

Mindestjahreslohn (Eintrittsschwelle)

CHF 22'680.–

Koordinationsabzug

CHF 26'460.–

Minimal versicherter Lohn im BVG  

CHF 3'780.–

Maximal versicherter Lohn im BVG

CHF 64'260.– 

Oberer BVG-Grenzbetrag

CHF 90'720.–

Eintrittsschwelle

Erst wer ein auf Jahresbasis umgerechnetes Jahreseinkommen von mehr als 22'680 Franken (75 Prozent der maximalen AHV-Jahresvollrente) verdient, muss vom Arbeitgeber obligatorisch in der Pensionskasse versichert werden.

Koordinationsabzug

Ist ein Anschluss an die Pensionskasse vorzunehmen, werden die Leistungen aus der ersten Säue mit der aus der zweiten koordiniert. Deshalb wird üblicherweise ein Koordinationsabzug bei der Pensionskasse vorgenommen. Im Rahmengesetz BVG ist dieser aktuell mit 26'460 Franken definiert (87,50 Prozent der maximalen AHV-Vollrente). 

Versicherter Lohn

Wenn jemand ein Jahreslohn (Brutto) von 76'460 Franken bezieht, wird davon der Koordinationsabzug subtrahiert. Dies führt zum versicherten Lohn in der Pensionskasse. Im Beispiel beträgt der versicherte Lohn 50'000 Franken (Bruttolohn abzüglich Koordinationsabzug). Der versicherte Lohn ist die Basis für die Erhebung der Beiträge.

Minimal versicherter Lohn

Wenn jemand einen Bruttolohn von jährlich 24'000 Franken bezieht, wäre nach dem Koordinationsabzug von 26'460 Franken der versicherte Lohn negativ bzw. Null. Für solche Fälle hat der Gesetzgeber definiert, dass der minimal zu versichernde Lohn immer 150 Prozent der maximalen monatlichen AHV-Vollrente (aktuell 2'520 Franken) entsprechen muss. Aktuell beträgt daher der minimal versicherte Jahreslohn 3'780 Franken (150 Prozent von der maximalen monatlichen AHV-Vollrente).

Oberer BVG-Grenzbetrag

Im Rahmengesetz BVG ist festgehalten, dass der gemeldete Jahreslohn nach oben begrenzt ist. Dieser entspricht 300 Prozent der maximalen jährlichen AHV-Vollrente von aktuell 30'240 Franken. Aktuell beträgt der obere BVG-Grenzbetrag daher 90'720 Franken. Der Lohnanteil über diesem Grenzbetrag muss von Gesetzes wegen nicht zwingend versichert werden, darf aber. Der Grossteil der Pensionskassen bringt höhere Leistungen als es das Gesetz vorsieht. 

Maximal versicherter Lohn

Das bezieht sich wiederum auf das Rahmengesetz BVG und entspricht dem oberen BVG-Grenzbetrag abzüglich dem Koordinationsabzug. Aktuell liegt dieser Wert bei 64'260 Franken.

4. Auszahlung der 2. Säule

Zirka zehn Jahre vor der Pensionierung sollte man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob das angesparte Guthaben in Renten-, Kapital- oder Mischform bezogen werden soll – vorausgesetzt das Pensionskassenreglement lässt ein Kapitalbezug zu 100 Prozent überhaupt zu.

Rentenbezug

Der Vorteil beim Rentenbezug liegt in der Sicherheit, da die Rente bis an Lebensende ausbezahlt wird. Je nach Familienkonstellation wird im Todesfall auch eine lebenslange Witwen-/Witwerrente bezahlt. Die Rente gibt also eine Planungssicherheit und das Langlebigkeitsrisiko liegt bei der Pensionskasse. Der Nachteil liegt in der Besteuerung der Rente, da diese zu 100 Prozent besteuert wird, zusammen mit allen anderen Einkommen wie zum Beispiel der AHV-Rente und den Wertschriftenerträgen (Zinsen und Dividenden).

Kapitalbezug

Beim Kapitalbezug erhält man das angesparte Kapital als freies Vermögen und kann es wieder investieren. Man kann frei entscheiden, wie und wo das Nettokapital investiert wird, für welche Projekte (z.B. Autokauf, Amortisation Hypothek, Weltreise…) und wann es hierfür zur Verfügung stehen muss. Da die Auszahlungssumme einmalig besteuert wird, kann für das Projekt nicht mit dem vollen Betrag geplant werden. Die einmalige Steuer liegt im Bereich von 5 bis 15 Prozent –  abhängig von Kantonen, Gemeinden, Kirchen und Tarifanwendungen. Pauschal mit zehn Prozent der ausbezahlten Summe zu rechnen ist ein guter Schätzwert. Das Langlebigkeitsrisiko wird nun selbst getragen. Zugleich sind Anlageentscheidungen zu treffen – selbst wenn ein Vermögensverwaltungsmandat erteilt wird, muss entschieden werden, mit welcher Anlagestrategie es investiert werden soll.

Mischform

Die Mischform – ein Teil als Rente, ein Teil als Kapital – ist immer häufiger anzutreffen. In Abhängigkeit des Budgets nach der Pensionierung ist zu entscheiden, welcher Anteil der Budgetlücke mit einer fixen Rente gedeckt werden soll. Dafür benötigt die Pensionskasse dann das Kapital X, der Rest vom Altersguthaben wird einmalig ausbezahlt.

5. Vorzeitiger Bezug der Pensionskasse

Der vorzeitige Bezug von Vorsorgegeldern aus der zweiten Säule ist in folgenden sechs Fällen möglich:

  1. Erwerb von dauernd selbstgenutztes Wohneigentum

  2. Aufnahme einer Selbständigkeit (Achtung, bei Gründung einer GmbH oder AG liegt keine Selbständigkeit vor und das Geld kann nicht bezogen werden)

  3. Frühpensionierung gemäss Pensionskassenreglement

  4. Definitives Verlassen der Schweiz in ein Nicht-EU/EFTA-Land

  5. Auszahlung der Freizügigkeitsleistung wegen Unterbruch des Anstellungsverhältnisses. In diesem Fall wird das Freizügigkeitsguthaben auf eine Freizügigkeitsstiftung (oder zwei bei einem Splitting) übertragen.

  6. Barauszahlung wegen Geringfügigkeit

 

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