Finanzblogger in der Schweiz: Zwischen Transparenz und Interessenkonflikt
In den letzten Jahren sind Finanzblogs und Finfluencer in der Schweiz nur so aus dem Boden geschossen. Dabei leisten viele dieser Stimmen einen wertvollen Beitrag zur finanziellen Bildung. Aber nicht alle agieren transparent, sachlich und unabhängig.
Finfluencer erklären komplexe Themen einfach verständlich, teilen persönliche Erfahrungen und bieten praktische Tipps rund ums Sparen, Anlegen und um die Vorsorge. Doch einzelne Plattformen vermitteln den Eindruck, im Auftrag bestimmter Partner zu schreiben – statt im Interesse ihrer Leser:innen. Für Konsument:innen wird es dadurch schwieriger, fundierte und objektive Informationen zu erhalten.
Die guten Beispiele: ehrlich, hilfreich und transparent
Wer Finanzbildung ernst nimmt, empfiehlt nicht das, was am meisten zahlt, sondern das Beste. Und das tun viele Schweizer Finanzblogger und -influencer.
Gute Finanzblogs zeichnen sich durch diese vier Merkmale aus:
1. Persönliche Erfahrungen im FokusÂ
Statt nur theoretisches Wissen zu verbreiten, berichten Blogger oft aus der eigenen Perspektive. Ob Sparplan, Hypothek oder Säule 3a – Leser:innen erhalten ehrliche Einblicke, wie etwas in der Praxis funktioniert.
2. Tiefe und Sorgfalt
Gute Beiträge nehmen sich Zeit für Details. Sie vergleichen Anbieter, erklären Fachbegriffe und liefern nachvollziehbare Rechenbeispiele. Die Quellen sind seriös, der Ton sachlich.
3. Transparenz bei Kooperationen
Viele Finfluencer finanzieren sich über bezahlte Partnerschaften, dazu gehören beispielsweise Affiliate-Links, bei denen sie pro Klick oder Abschluss eine Vergütung erhalten. Besonders positiv ist die Tatsache, dass manche sogar zeigen, wie viel Geld sie mit bestimmten Links verdienen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung in Richtung Offenheit.
4. Unabhängige Empfehlungskultur
GlaubwĂĽrdige Blogger scheuen sich nicht, auch etablierte Anbieter zu kritisieren oder Alternativen zu nennen, selbst wenn diese keine Provisionen zahlen. Die Leserinnen und Leser stehen im Mittelpunkt, nicht der potenzielle Ertrag aus Partnerprogrammen.
«Wer Finanzbildung ernst nimmt, empfiehlt nicht das, was am meisten zahlt, sondern das Beste.»
Rino Borini, VRP Descartes
Verlässliche Stimmen: Mit diesen Finanzbloggern haben wir gute Erfahrungen gesammelt
Im Austausch mit der Schweizer Finanzcommunity haben wir in den letzten Jahren mit mehreren Bloggern und Finanzinfluencern zusammengearbeitet, die sich durch Transparenz, Fachkompetenz und journalistische Sorgfalt auszeichnen. Besonders aufgefallen sind folgende Persönlichkeiten und Plattformen (alphabetisch aufgelistet), mit welchen wir auch zusammenarbeiten:
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Digitalmedia.ch profitiert von Patrick Hubers enormer praktischer Bankerfahrung und zeichnet sich durch eine fundierte Recherchementalität und eine neutrale Haltung aus. Die Plattform bietet seit 2017 hochwertige Inhalte für Nutzer:innen, die sich kritisch und systematisch über FinTech und digitale Bankdienstleistungen informieren möchten.
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Finanzdepot (Reto Stalder) überzeugt mit fachlich fundierten, transparenten und persönlich geprägten Beiträgen zu Geldanlage und Vorsorge – ganz ohne Verkaufsdruck. Der Blog bietet unabhängige, praxisnahe Analysen und ist besonders geeignet für Anleger:innen, die echte Erfahrungen und klare Vergleiche im Schweizer Finanzmarkt suchen. Reto Stalder ist selber Finanzplaner.
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Miss Finance (Angela Mygind) steht für Female Empowerment in Finanzfragen. Ihre Beiträge helfen insbesondere Frauen, strukturiert Vermögen aufzubauen – und sie legt grossen Wert auf Transparenz gegenüber ihrer Community.
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Money Advisor kombiniert Fachwissen mit datenbasierter Finanzanalyse, um komplexe Themen verständlich und unabhängig aufzubereiten. Das Ziel ist es, Leser:innen durch transparente Produktvergleiche und praxisnahe Ratgeber zu einem langfristig erfolgreichen Vermögensaufbau zu befähigen.
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Schwiizerfranke (Eric Marschall) überzeugt mit einem praxisnahen Blick auf Finanzentscheidungen im Schweizer Alltag. Besonders geschätzt: die ausgewogene Sprache, der Community-Bezug und die Offenlegung von Affiliate-Beziehungen.
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Smolio (Thomas Walke) ist eine Plattform, die Finanz- und Vorsorgewissen von unabhängigen Expert:innen leicht verständlich und praxisnah vermittelt und dabei auf unabhängige Produktvergleiche sowie smarte Tools wie das Finanzcockpit setzt, ohne eigene Finanzprodukte zu verkaufen.
Alle genannten Blogger haben unserer Meinung nach eine Gemeinsamkeit: Sie stellen den Mehrwert fĂĽr ihre Leser:innen in den Mittelpunkt und nicht den potenziellen Ertrag aus Partnerschaften. FĂĽr Descartes ist diese Haltung die Basis fĂĽr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Kritische Beispiele: Wenn Affiliate-Logik die Inhalte bestimmt
Es gibt aber auch Plattformen, bei denen bei mir immer wieder der Eindruck entsteht, dass wirtschaftliche Interessen über der Objektivität stehen. Konkrete Beispiele sind:
- The Poor Swiss
- Mustachian Post
Obwohl die Blogs gut gemacht sind und viele nĂĽtzliche Informationen bieten, fällt auf, dass Finpension in Vergleichen regelmässig hervorgehoben wird, obwohl andere Anbieter – beispielsweise Viac, TrueWealth oder Descartes – in der Performance besser abschneiden (laut Handelszeitung, Bilanz, finanzen.ch oder digitalmedia.ch). Auf externe Testberichte oder Ratings wird kaum verwiesen, obwohl sie objektive Orientierung bieten wĂĽrden. Zudem findet man kaum Angebote, bei denen keine Affiliate-VergĂĽtung möglich ist – selbst wenn sie fĂĽr Kund:innen attraktiver wären. Sprich: die Plattformen empfehlen ein Produkt nur, wenn dabei etwas fĂĽr sie herausspringt. Â
Das allein ist noch kein Beweis für bewusste Beeinflussung, zeigt aber, wie wichtig kritisches Lesen geworden ist, gerade bei Finanzthemen.
Gute vs. fragwürdige Finanzblogs – die Unterscheidungsmerkmale
Merkmal |
VertrauenswĂĽrdiger Blog |
FragwĂĽrdiger Blog |
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Empfehlungen |
BegrĂĽndet, mit Alternativen |
Einseitig, meist ein Anbieter |
Affiliate-Kennzeichnung |
Offen und verständlich |
Versteckt oder fehlt ganz |
Produktauswahl |
Objektive Leistung zählt |
Partnerschaft entscheidet |
Transparenz ĂĽber Einnahmen |
Teilweise offengelegt |
Keine Angaben |
Bezug auf objektive Tests |
Ja |
Nein oder selektiv |
Warum Transparenz heute unerlässlich ist
Affiliate-Modelle oder Paid Content sind grundsätzlich legitim. Viele Blogs finanzieren sich darüber, ohne Werbung einblenden zu müssen. Entscheidend ist, wie offen mit der Thematik umgegangen wird. Ein klarer Hinweis wie «Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links. Wenn Sie über einen solchen Link ein Produkt kaufen, erhalten wir eine Provision.» schafft Vertrauen.
Noch besser ist es, wenn Blogger zusätzlich klarstellen, wie sie Anbieter auswählen, etwa durch Performance, Gebühren, Kundenfeedback oder offizielle Tests.
Fazit: Mehrwert mit Verantwortung
Fininfluencer und Blogger haben in der Schweiz einen wichtigen Platz eingenommen. Sie tragen dazu bei, dass Menschen fundiertere Entscheidungen treffen können – besonders in einem komplexen Umfeld wie der privaten Vorsorge oder dem Investieren.
Die Mehrheit macht ihre Arbeit vorbildlich: ehrlich, unabhängig, verständlich. Doch wie überall gilt auch hier, dass nicht jede Meinung neutral und nicht jede Empfehlung objektiv ist. Wer sich informiert, sollte darauf achten:
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Sind die Aussagen nachvollziehbar begrĂĽndet?
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Werden auch Alternativen und andere Gewinner genannt – auch ohne Partnerprogramm?
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Wird transparent auf mögliche Interessenkonflikte hingewiesen?
Blogs wie The Poor Swiss und Mustachian Post können trotz ihrer Schwächen interessante Denkanstösse liefern. Einseitige Vergleiche sollten jedoch nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage sein. Insbesondere dann nicht, wenn andere (teils bessere) Angebote bewusst ausgeklammert werden. Das erweckt den Eindruck, die Aufgabe nicht erfüllt zu haben, was wiederum die Kompetenz infrage stellt.