Wie unabhängig sind Finanzvermittler in der Schweiz? Mein Erfahrungsbericht

In der Schweizer Finanzwelt gibt es immer mehr «unabhängige» Vermittler. Doch wie unabhängig sind sie wirklich? Als Anbieter von Finanzprodukten habe ich mich bei drei Vermittlungsplattformen beworben und teile meine Erfahrungen. Mein Ziel: Anleger:innen helfen, die Objektivität und Unabhängigkeit der Vermittler besser einzuschätzen.

Ich habe drei Vermittler unter die Lupe genommen:

  • Zwei Wealth – Vermittlung von Vermögensverwaltern und Banken
  • FinGuide – Vermittlung von Vermögensverwaltern für vermögende Kund:innen
  • FinFinder – Matching-Plattform für Finanzplaner:innen


Wichtige Fragen meines Tests:

  • Vergleichen diese Plattformen die Angebote seriös, einheitlich und objektiv?
  • Steht die Leistung für die Kund:innen im Fokus oder doch eher wirtschaftliche Interessen?
  • Wie transparent sind die Auswahlkriterien für die Finanzanbieter?
  • Welchen Eindruck macht der Vermittler insgesamt?

Das Ergebnis

Die Erkenntnisse waren für mich teilweise überraschend.

Anbieter

Geschäftsmodell

Unabhängigkeit

Produktangebot

Zwei Wealth

Vermittlung von Vermögensverwaltern und Banken

Auswahlkriterien nicht völlig transparent, keine Performance-Kontrolle, unterschiedliche Beratungsergebnisse

Fokus auf Vermögensverwaltung

FinGuide

Vermittlung von Vermögensverwaltern

Strikte Kriterien, keine wirtschaftlichen Anreize zur Bevorzugung

Fokus auf Kunden mit > CHF 500'000 Vermögen

FinFinder

Matching-Plattform für Finanzplanung

Klare Trennung von wirtschaftlichen Interessen, feste Jahresgebühr für Berater:innen

Fokus auf die klassische Finanzplanung

1. Zwei Wealth – Mängel bei Transparenz und Kontrolle

Zwei Wealth, seit 2025 eine Tochterfirma der Swiss Life, vermittelt professionelle Vermögensverwalter. Anleger:innen definieren ihre Anforderungen, und Zwei Wealth schlägt passende Anbieter vor.

Meine Erfahrung als Finanzdienstleister

  • Keine Prüfung der Performance-Zahlen: Anbieter können beliebige Zahlen angeben, etwa bei der Performance, da keine Kontrolle erfolgt.

  • Undurchsichtiges Bewertungssystem: Das Bewertungsraster scheint undurchsichtig, die Kriterien sind nicht immer nachvollziehbar.

  • Unterschiedliche Beratungsergebnisse: Berater:innen arbeiten als Tied Agents (arbeiten auf eigene Rechnung), wodurch die Vergleichbarkeit erschwert wird (je nach Berater:in fällt die Bewertung als Vermögensverwalter anders aus).

Fazit: Aufgrund dieser Mängel bei Transparenz und Bewertung haben wir als Anbieter unsere Zusammenarbeit mit Zwei Wealth selbst aufgelöst. Wir konnten nicht sicherstellen, dass unsere Leistungen unter fairen und objektiven Bedingungen verglichen und vermittelt wurden.

Vorteile für Anleger:innen:

  • Direkter Zugang zu vielen Vermögensverwaltern

Nachteile:

  • Unzureichende Prüfung der vermittelten Finanzanbieter

  • Fragwürdiges Bewertungssystem

2. FinGuide – Strenge Selektion für vermögende Kund:innen

FinGuide richtet sich an Kund:innen mit mindestens 500'000 Franken Vermögen und hilft, die passende Privatbank oder einen Vermögensverwalter zu finden. 

Meine Erfahrung als Finanzdienstleister

  • Seriöse und strenge Prüfung: Zwei Besuche, detaillierte Fragebögen, sorgfältige Prüfung, Anbieter müssen eine nachweisbare Erfolgsbilanz vorweisen

  • Konsequente Selektion: Wir wurden abgelehnt trotz guter Performance: Unsere Portfolios bestehen noch keine fünf Jahre, was eine Mindestanforderung ist.

Fazit: FinGuide hält konsequent an seinen Kriterien fest und nimmt nicht wahllos Anbieter auf.

Vorteile für Anleger:innen:

  • Strenge Prüfung und strikte Auswahlkriterien führen zu besseren Angeboten für Anleger:innen

  • Keine wirtschaftlichen Anreize zur bevorzugten Vermittlung, was die Unabhängigkeit erhöht

  • Fokus auf Zuverlässigkeit des Angebots

Nachteile:

  • Nur für Kund:innen mit höherem Vermögen relevant

3. FinFinder – Matching-Plattform für Finanzplaner:innen

FinFinder bringt Privatpersonen mit passenden Finanzplaner:innen zusammen. Berater:innen zahlen eine feste Jahresgebühr, ohne zusätzliche Kosten für Leads oder Abschlüsse, was die Unabhängigkeit der Plattform fördert.

Meine Erfahrung als Finanzdienstleister:

  • Seriöser Eindruck und Abklärungen: Strukturierter Onboarding-Prozess, professioneller persönlicher Kontakt, seriöse Abklärungen

  • Klarer Fokus: Eher für Vermittlung klassischer Finanzberatung als für Vermögensverwaltung geeignet.

Fazit: Positiver Eindruck, aber für Vermögensverwaltung (wie Descartes) weniger relevant, deshalb haben wir den Onboarding-Prozess wieder abgebrochen. 

Vorteile für Anleger:innen:

  • Direkter Zugang zu geprüften Finanzplaner:innen

  • Keine versteckten Gebühren

  • Vermittlung erfolgt nicht nach wirtschaftlichen Interessen (keine Erfolgsprovisionen)

Nachteile:

  • Nur für Vermittlung klassischer Finanzplanung relevant

Was bedeutet Unabhängigkeit in der Finanzberatung?

Die FINMA definiert Unabhängigkeit in der Finanzberatung als das Fehlen wirtschaftlicher oder vertraglicher Bindungen an Produktanbieter, die zu Interessenkonflikten führen könnten.

In der Praxis bedeutet das:

  • Keine Provisionen oder Retrozessionen von Drittanbietern erhalten
  • Keine eigenen Produkte bevorzugen
  • Nur Empfehlungen ohne wirtschaftliche Interessen abgeben

Viele «unabhängige» Vermittler sind in Wirklichkeit wirtschaftlich von Produkten oder Firmen abhängig. Anleger:innen sollten daher prüfen, wie Berater:innen entlohnt werden.

Beispiel: VZ VermögensZentrum – wirklich unabhängig?

Wie gut man aufpassen muss zeigt das Beispiel von VZ VermögensZentrum (im Vermittler-Vergleich oben nicht aufgeführt, da es keine Vermittlungen, sondern eigene Produkte anbietet). 

Das VZ wirbt mit Unabhängigkeit, da es keine Retrozessionen erhält (gem. Website «Wir beraten Sie unabhängig: Das VZ verkauft keine eigenen Finanzprodukte [...]. Weil wir uns aus Beratungshonoraren [...] finanzieren, empfehlen wir in jedem Fall die Anbieter und Produkte, die unseren Kunden den höchsten Nutzen versprechen. Auch in der Vermögensverwaltung ist unsere Unabhängigkeit von Banken und Versicherungen die optimale Voraussetzung für kundenorientiertes Denken und Handeln. ...»

In Realität betreibt das VZ eine eigene Bank und bietet eine Vielzahl eigener Produkte an, darunter:

  • VZ-Fonds
  • VZ-Vorsorgelösungen 
  • VZ-Vermögensverwaltung

 

Das bedeutet für Anleger:innen:

  • Beratung bleibt innerhalb des VZ-Ökosystems
  • Keine unabhängige Marktübersicht 

Schlussgedanke: Unabhängigkeit ist relativ

Auch wenn alle mit «Unabhängigkeit» werben: Komplett unabhängige Finanzberatung ist selten. Selbst ohne Retrozessionen gibt es wirtschaftliche Eigeninteressen, sei es durch eigene Produkte (VZ) oder wirtschaftlich motivierte Vermittlungen (Zwei Wealth). Anleger:innen sollten daher genau hinsehen, bevor sie einer Plattform vertrauen.