Financial Myth Buster – die 5 grössten Anlage-Mythen im Faktencheck
Wir räumen mit fünf besonders gefährlichen Irrtümern in Sachen Geldanlage auf.
Anleger:innen werden immer wieder von scheinbar gut gemeinten Ratschlägen konfrontiert. Gerade beim Einstieg in die Geldanlage können solche Anlage-Mythen zu teuren Fehlentscheidungen führen. In diesem Artikel beleuchten wir fünf der bekanntesten Mythen rund ums Investieren, prüfen sie auf Basis realer Daten und zeigen, wie Sie bessere Entscheidungen treffen können.
Mythos 1: Man muss reich sein, um zu investieren
Noch immer glauben viele, dass Investieren nur etwas für Menschen mit viel Geld sei. Doch längst sind die Einstiegshürden gefallen: ETF-Sparpläne lassen sich bereits ab 25 oder 50 Franken pro Monat abschliessen, bei Descartes sogar schon ab 10 Franken ohne Mindestgebühren.
Beispiel: Wer Anfang 2005 begann, monatlich 100 Franken in unser passives Modell mit 100 Prozent Aktien zu investieren, hat bis Ende 2024 rund 24’000 Franken eingezahlt. Der Depotwert lag zu diesem Zeitpunkt – trotz Finanzkrise und Corona-Crash – bei über 42’000 Franken. Die Differenz kommt allein durch Wertzuwachs und Zinseszinseffekt zustande.
Fazit: Nicht das Startkapital entscheidet über den Anlageerfolg – sondern Regelmässigkeit, Geduld und Zeit.
«Investing is simple, but not easy.»
Mythos 2: Aktien sind zu riskant für Anfänger:innen
Die Medien berichten bevorzugt über Börsencrashs, Verluste und Krisen. Weniger oft wird erwähnt, dass sich Aktienmärkte langfristig immer wieder erholt haben – und oft sogar deutlich stärker gewachsen sind als andere Anlageformen.
Beispiel: So verlor der US-amerikanische Leitindex S&P 500 im März 2020 innerhalb weniger Wochen rund 30 Prozent. Wer in Panik verkaufte, realisierte diesen Verlust. Wer investiert blieb, hatte den Einbruch meist innerhalb eines Jahres vollständig ausgeglichen – und konnte danach überdurchschnittliche Gewinne verbuchen.
Breit gestreute Portfolios bieten Einsteiger:innen einen einfachen Zugang zu globalen Märkten bei überschaubarem Risiko. Wer mindestens zehn Jahre investiert bleibt, hat laut historischen Daten ein sehr geringes Verlustrisiko – und hohe Chancen auf positive Erträge.
Fazit: Aktien sind nicht zu riskant – sofern man breit investiert, langfristig denkt und Emotionen unter Kontrolle hält.
Mythos 3: Immobilien sind immer die beste Investition
Immobilien geniessen in der Bevölkerung einen fast schon mythischen Ruf. Sie gelten als sicher, wertstabil und inflationsgeschützt. Doch auch sie unterliegen Schwankungen – sowohl auf Preis- als auch auf Mietniveau.
Beispiel: In manchen Regionen der Schweiz, etwa in gewissen Teilen des Tessins, sind die Immobilienpreise in den letzten 10 bis 15 Jahren real gesunken. Wer dort 2010 gekauft hat, kann heute – selbst bei laufenden Mieteinnahmen – nur eine sehr geringe Gesamtverzinsung nach Kosten erzielen.
Hinzu kommen hohe Fixkosten, tiefe Liquidität und ein erheblicher Verwaltungsaufwand. Wer eine Wohnung für 800'000 Franken kauft, benötigt mindestens 160'000 Franken Eigenkapital, zusätzliche Rückstellungen für Unterhalt und trägt das Klumpenrisiko einer einzelnen Immobilie.
Fazit: Immobilien können ein sinnvoller Baustein sein – aber sie sind nicht automatisch die beste oder sicherste Anlageform. Vergleiche auf Basis von Nettorendite, Aufwand und Risiko sind unerlässlich.
«Real estate returns look good until you subtract all the hidden costs and time you invest.»
Morgan Housel
Mythos 4: Je mehr Fonds, desto besser die Diversifikation
Diversifikation ist zweifellos einer der wichtigsten Grundsätze bei der Geldanlage. Doch das Missverständnis besteht darin, dass viele glauben, möglichst viele Fonds zu halten, sei gleichbedeutend mit besserer Streuung.
Ein Blick in die Fondsstruktur zeigt: Viele ETFs und Fonds enthalten dieselben Top-Werte. Apple, Microsoft, Nestlé und Novartis sind in zahlreichen globalen oder Schweizer Indizes vertreten. Wer fünf solcher Fonds kombiniert, ist häufig nicht besser diversifiziert – aber zahlt unter Umständen doppelt Gebühren.
Fazit: Diversifikation ist keine Frage der Menge, sondern der Struktur. Unsere Portfolios zeigen, wie es richtig geht.
Mythos 5: Markt-Timing bringt die besten Renditen
Viele Anleger:innen glauben, durch geschicktes Ein- und Aussteigen am Markt überdurchschnittliche Renditen erzielen zu können. Doch der Versuch, den idealen Einstiegszeitpunkt zu treffen, ist nicht nur psychologisch belastend, sondern auch extrem schwer umzusetzen.
Zahlreiche Studien zeigen: Wer auch nur die zehn besten Börsentage verpasst, wird deutlich weniger Vermögen haben als jemand, der einfach investiert geblieben ist. Die besten Börsentage kommen oft überraschend, häufig direkt nach schlechten Tagen.
Was kostet Market Timing?
Eine Analyse des Schweizer Aktienmarkts (2000–2024), eigene Berechnung:
Anleger:in... |
Annualisierte |
---|---|
...bleibt voll investiert |
5,50 |
...verpasst die 10 besten Tage |
2,30 |
...verpasst die 20 besten Tage |
1,10 |
...verpasst die 30 besten Tage |
0,10 |
Statt auf Bauchgefühl zu setzen, hilft eine automatisierte Strategie: etwa monatliche Sparraten in ETFs, die unabhängig vom Marktumfeld ausgeführt werden. So nutzt man den Cost-Averaging-Effekt – kauft also mal zu höheren, mal zu niedrigeren Kursen, gleicht die Schwankungen aber langfristig aus.
Fazit: Markt-Timing klingt attraktiv – funktioniert aber selten. Wer durchgehend investiert bleibt, fährt auf lange Sicht meist besser.
Schlussgedanke: Fakten statt Finanzmärchen
Geldanlage ist kein Glücksspiel, keine Zauberei – sondern ein strategischer Prozess. Wer sich von populären Mythen leiten lässt, verliert oft Zeit, Chancen und im schlimmsten Fall bares Geld. Der Blick auf historische Daten, reale Beispiele und rationale Grundsätze lohnt sich – gerade für Einsteiger.
Ob kleine Sparrate oder grosser Anlagebetrag: Entscheidend ist, dass man informiert, strukturiert und langfristig handelt. Denn am Ende schlägt Wissen nicht nur den Mythos – sondern oft auch den Markt.