Pensionierung planen mit der 4-Prozent-Regel
Planen Sie Ihre Pensionierung und die jährliche Entnahme aus der Rente mit der 4-Prozent-Regel. Ich erkläre Ihnen, wie die Regel funktioniert und wie Sie daraus einen soliden Entnahmeplan für Ihre Pensionierung in der Schweiz entwickeln können.
Nach einem langen Arbeitsleben stellt sich die Frage: Wie viel Geld kann ich jährlich aus meiner Altersvorsorge entnehmen, ohne dass es vor meinem Lebensende aufgebraucht ist? Eine bewährte Planungshilfe ist die so genannte 4-Prozent-Regel, die auf der bekannten Trinity-Studie basiert.
Was besagt die 4-Prozent-Regel und wie kann ich damit meine Pensionierung planen?
Die Regel gibt eine einfache Faustformel: Entnehmen Sie im ersten Jahr 4 Prozent Ihres Vermögens und passen Sie den Betrag in den Folgejahren der Teuerung (Inflation) an. So sollte Ihr Kapital für mindestens 30 Jahre reichen.
Beispiel:
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Startvermögen: CHF 1'000'000
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Entnahme im ersten Jahr: CHF 40'000
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Bei 2% Teuerung im zweiten Jahr: CHF 40'800
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Bei 2% Teuerung im dritten Jahr: CHF 41'616
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Im vierten Jahr entsprechend mehr.
Wichtig: Der Entnahmebetrag wird auf Basis des Startkapitals festgelegt und danach nur noch jährlich an die Inflation angepasst, nicht neu berechnet.
Diese beispielhaften Berechnungen helfen Ihnen, die Grösse und Struktur Ihrer persönlichen Entnahmen einfach festzulegen:
Startkapital |
Entnahme im ersten Jahr (4%) |
CHF 500'000 |
CHF 20'000 |
CHF 750'000 |
CHF 30'000 |
CHF 1'000'000 |
CHF 40'000 |
CHF 1'500'000 |
CHF 60'000 |
CHF 2'000'000 |
CHF 80'000 |
Mit der 4-Prozent-Regel planen Sie also Ihre Pensionierung: Sie erstellen einen strukturierten Entnahmeplan, der Ihnen Jahr für Jahr die nötige Orientierung gibt und verhindert, dass Sie Ihr Vermögen zu schnell aufbrauchen.
Trinity-Studie als Basis
Die 4-Prozent-Regel geht auf eine Studie der Trinity University (Texas, USA) aus dem Jahr 1998 zurück. Die Forscher analysierten verschiedene Portfoliozusammensetzungen und Entnahmestrategien über lange Zeiträume hinweg – auch während Wirtschaftskrisen und Inflationsphasen.
Ihre Erkenntnis war, dass...
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...mit einem Aktienanteil zwischen 50% und 75%...
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...und einer anfänglichen Entnahme von 4% jährlich,
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...das Vermögen in über 90 Prozent der Fälle mindestens 30 Jahre reichen würde.
Diese Resultate sind auch für Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz gut übertragbar, besonders beim Aufbau eines flexiblen Entnahmeplans.
Warum funktioniert diese Theorie so gut, um Ihre Pensionierung vorzubereiten?
Die Trintiy Studie zeigt, dass eine kontrollierte Entnahme – auch während wirtschaftlich schwieriger Zeiten – erfolgreich sein kann, wenn:
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Ihr Portfolio breit diversifiziert ist (mit einem relevanten Aktienanteil).
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Sie Ihre Entnahmen konsequent anpassen.
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und Ihre Strategie langfristig ausgerichtet bleibt.
Für Schweizer Pensionär:innen bedeutet das: Auch Vermögen aus Säule 3a oder Freizügigkeitskonten breit investiert (und möglichst kostengünstig) verwalten – eine wichtige Basis für einen stabilen .
Wann können Sie mit Ihrer Entnahmestrategie von der Regel abweichen?
Obwohl die 4-Prozent-Regel ein starker Anhaltspunkt für die Planung der Pensionierung ist, sind in bestimmten Situationen leichte Anpassungen sinnvoll: Nämlich dann, wenn Sie in einer starken Marktkorrektur (Baisse) oder einer Rally (Boomphase) starten:
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Start in einer Baisse: Treten Sie während eines Börsencrashs in die Pensionierung ein, ist es sinnvoll, die Entnahmen vorübergehend zu reduzieren (zum Beispiel auf 3,5%), um Ihr Kapital besser zu schützen.
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Start in einer Boomphase: Beginnt Ihre Pensionierung in einer starken Wachstumsphase, können Sie Ihre Entnahmen eventuell zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen – oder Ihr Kapital für zusätzliche Reserven einsetzen.
Eine besonders bewährte Methode, um in solchen Situationen die Entnahmen an die Marktentwicklung anzupassen, bieten die Guyton-Klinger-Richtlinien. Sie kombinieren die Vorteile der klassischen 4-Prozent-Regel mit mehr Flexibilität:
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Erhöhung der Entnahmen: Wenn das Portfolio stark gewachsen ist (zum Beispiel über eine bestimmte Schwelle hinaus), dürfen die Entnahmen moderat erhöht werden, etwa um 10 Prozent.
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Senkung der Entnahmen: Wenn das Portfolio eine festgelegte Verlustschwelle erreicht (zum Beispiel minus 20 Prozent), werden die Entnahmen reduziert, typischerweise um maximal 10 Prozent.
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Keine Entnahme bei extremen Verlusten: In extremen Krisenjahren kann vorübergehend auf Entnahmen verzichtet werden, wenn andere Einkommensquellen vorhanden sind.
Damit werden folgende Ziele verfolgt:
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Kapitalschutz: Das Kapital in schwachen Marktphasen besser schützen.
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Chancenorientierte Entnahme: Das Vermögen in guten Jahren sinnvoll nutzen.
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Dynamische Entnahmestrategie: Die Entnahmestrategie flexibel steuern, ohne auf eine feste starre Vorgabe angewiesen zu sein.
Die Anwendung dieser Regeln kann die Überlebensdauer Ihres Vermögens erheblich verlängern – besonders in volatilen Märkten oder bei sehr langen Ruhestandszeiträumen.
Tipp: Wer bereit ist, seine Entnahmen jährlich leicht an die Marktgegebenheiten anzupassen, kann mit einer flexiblen Strategie wie den Guyton-Klinger-Richtlinien oft eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit erzielen als mit einer strikt fixierten 4-Prozent-Regel.
Entwicklungen seit der Trinity-Studie: Was gilt heute in der Schweiz?
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Tiefe Zinsen: Obligationen bieten weniger Rendite. Aktien bleiben der Wachstumstreiber.
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Höhere Lebenserwartung: Schweizerinnen und Schweizer leben im Schnitt über 84 Jahre. Die Planung sollte auf 35–40 Jahre ausgelegt sein.
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Teuerung: In der Schweiz historisch tiefer als international, dennoch ein wichtiger Faktor in Ihrem Entnahmeplan.
Simulation des Vermögens bei 4-Prozent-Entnahme
Die folgende Simulation zeigt, wie sich ein Vermögen von 1’000’000 Schweizer Franken bei 4 Prozent jährlicher Entnahme und typischen Marktbedingungen über 30 Jahre entwickelt.
Annahmen:
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Startkapital: CHF 1'000'000
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Durchschnittliche Rendite: 5 Prozent pro Jahr
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Inflation: 2 Prozent
Ergebnis: Selbst bei jährlicher Entnahme und Inflationsanpassung bleibt das Vermögen über 30 Jahre erhalten, wenn die Kapitalmärkte durchschnittlich performen.
Fazit: Die 4-Prozent-Regel ist eine wirkungsvolle Basis für die Planung Ihrer Pensionierung
Die Regel bietet eine einfache, aber sehr wirkungsvolle Grundlage, um Ihre Pensionierung planbar und nachhaltig zu gestalten.
Mit einem gut durchdachten Entnahmeplan auf Basis dieser Regel schützen Sie sich davor, Ihr Kapital zu früh aufzubrauchen – und bewahren gleichzeitig Ihre finanzielle Unabhängigkeit.
Tipp: Nehmen Sie die 4-Prozent-Regel als Ausgangspunkt. Passen Sie Ihren Entnahmeplan flexibel den Marktverhältnissen und Ihrer persönlichen Situation an. Lassen Sie sich bei grösseren Vermögen oder komplexeren Verhältnissen professionell beraten – insbesondere bei Vorsorgelösungen wie Säule 3a oder Freizügigkeitskonten. Verwenden Sie dazu unsere Checkliste.
Häufige Fragen zur Vorbereitung der Pensionierung mit 4-Prozent-Regel |
Ja, grundsätzlich lässt sich die Regel auch auf Vorsorgevermögen wie die Säule 3a anwenden. Allerdings müssen Sie beachten:
Was passiert, wenn die Börsen nach meiner Pensionierung stark fallen?Ein Markteinbruch zu Beginn der Pensionierung kann den Entnahmeplan belasten. Empfohlene Strategien sind:
Ist die 4-Prozent-Regel eine Garantie für eine erfolgreiche Planung der Pensionierung?Nein. Die Regel basiert auf historischen Daten und bietet eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, aber keine absolute Garantie. Entscheidend für Ihren Erfolg sind eine vernünftige Vermögensaufteilung, disziplinierte Entnahmen und Anpassungen an die Marktlage. Wie oft sollte ich meinen Pensionsplanung überprüfen?Mindestens einmal jährlich. Prüfen Sie:
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Disclaimer: Dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Beratung dar. Descartes empfiehlt, die diversen Fragen in jedem Fall vorgängig mit einer Finanzplanerin oder einem Finanzplaner zu klären. Obwohl Descartes die vorstehenden Inhalte und Informationen sorgfältig recherchiert hat, kann keine Gewähr für deren Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen werden. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen.