Alpha generieren: welche Strategien leisten einen Beitrag?
Wir zeigen, welche Strategien zur Alpha-Generierung eingesetzt werden und wie realistisch ihr Potenzial ist.
Die Finanzwelt meint mit «Alpha» die Mehrrendite, die ein Portfolio im Vergleich zu einem Benchmark erzielt. Diese Mehrrendite soll idealerweise nicht durch erhöhtes Risiko erkauft werden, sondern durch überlegene Strategie, Selektion oder Timing entstehen.
Alpha zu erzielen ist das Ziel vieler Anleger:innen, die sich nicht mit der durchschnittlichen Marktrendite (Beta) zufriedengeben wollen.
Wir haben einige Strategien zur Erzielung von Alpha analysiert und eingeordnet.
1. Strategic Asset Allocation (SAA)
Die strategische Asset-Allokation ist die Grundlage jedes Portfolios. Dabei wird die langfristige Aufteilung auf Anlageklassen wie Aktien, Obligationen, Rohstoffe und Liquidität festgelegt. Sie setzt auf langfristige Portfoliostrategien statt auf kurzfristige taktische Bewegungen. SAA hat einen entscheidenden Einfluss auf das Gesamtrisiko und die Renditeerwartung eines Portfolios.
Alpha-Potenzial: Gering. SAA erzeugt in der Regel «Beta», also Marktrendite. Studien wie Brinson et al. (1986) zeigen, dass rund 90 Prozent der Renditevolatilität eines Portfolios auf die Asset-Allokation zurückzuführen ist. Doch das bedeutet nicht, dass SAA aktiv zur Alpha-Generierung beiträgt. Trotzdem gilt die SAA laut einer aktuellen Umfrage von Vanguard unter Schweizer Vermögensverwaltern mit 81 Prozent als die häufigste Quelle für Alpha. Was sagt das über sie aus?
Fazit: SAA ist wichtig zur Risikosteuerung und wird von Profis als Hauptquelle von Alpha angesehen – trotz theoretischer Einordnung als Beta-Lieferant.
2. Rebalancing
Beim Rebalancing wird das Portfolio regelmässig auf die ursprüngliche Zielstruktur zurückgeführt. So wird beispielsweise nach einem Aktienanstieg verkauft und Obligationen werden nachgekauft.
Alpha-Potenzial: Leicht positiv. Studien zeigen, dass Rebalancing in volatilen Märkten durch antizyklisches Verhalten einen kleinen Performancevorteil liefern kann (vgl. Arnott et al., 2013).
Fazit: Rebalancing erzeugt kein aktives Alpha, stabilisiert aber die Risikostruktur. Von Schweizer Vermögensverwaltern wird es mit 40 Prozent als relevante Alpha-Komponente eingeschätzt.
3. Market Timing
Market Timing meint den gezielten Ein- oder Ausstieg aus Märkten basierend auf makroökonomischen, technischen oder sentimentbasierten Analysen.
Alpha-Potenzial: Hoch, aber schwer realisierbar. Studien wie die von Vanguard (Davis et al., 2010) zeigen, dass nur sehr wenige Investor:innen über längere Zeit nachhaltig erfolgreiches Timing betreiben. Die meisten Strategien erzeugen sogar negatives Alpha.
Fazit: Wer hier Erfolg hat, kann überdurchschnittliche Renditen erzielen – doch das schaffen langfristig nur sehr wenige. Nur 30 Prozent der Schweizer Vermögensverwalter setzen auf diese Taktik.
4. Thematic Funds
Themenfonds setzen auf spezifische Trends wie Digitalisierung, Klimawandel oder Künstliche Intelligenz.
Alpha-Potenzial: Mittel. Wer frühzeitig auf wachstumsstarke Trends setzt, kann überdurchschnittliche Renditen erzielen. Allerdings sind viele Themenfonds teuer und oft hinter dem Trend.
Fazit: Gut gewählt und richtig getimt können Themenfonds Alpha liefern – doch Timing und Bewertung sind kritisch. Besonders beliebt sind diese Fonds mit 51 Prozent bei kleineren Vermögensverwaltern (<200 Mio. AuM) in der Schweiz.
5. Stock Picking
Beim Stock Picking wird gezielt in Einzelaktien investiert, die unterbewertet erscheinen oder besonderes Wachstumspotenzial haben. Rund 52 Prozent der Schweizer Vermögensverwaltern sehen darin ein Chance Alpha zu generieren.
Alpha-Potenzial: Hoch. Erfolgreiches Stock Picking gilt als klassische Alpha-Strategie.
Fazit: Benötigt Analyse-Know-how, Geduld und Disziplin. Für viele Privatinvestor:innen schwierig, aber möglich.
Quellen: Fama & French (1992), Greenblatt (2006), Asness et al. (2013)
6. Hedging
Hedging meint die Absicherung gegen Risiken, beispielsweise durch Put-Optionen, Short-ETFs oder Korrelationen.
Alpha-Potenzial: Situativ hoch. Wer Absicherungen richtig einsetzt, kann Drawdowns begrenzen und in Krisenphasen Alpha erzielen.
Fazit: Hedging ist kein ständiger Alpha-Lieferant, aber ein wertvolles Instrument in Stressphasen. Wird von Schweizer Vermögensverwaltern s am seltensten als Alpha-Quelle genannt (22 Prozent).
Praxisbeispiel: Alpha-orientiertes Portfolio
Kernportfolio (70%):
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30% MSCI World ETF
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20% Emerging Markets ETF
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10% Gold oder Rohstoffe
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10% Kurzlaufende Obligationen
Alpha-Satelliten (30%):
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12 % Stock Picking (zum Beispiel 6–10 Einzeltitel)
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8 % Themenfonds (zum Beispiel Clean Energy, AI, Healthcare)
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5 % Taktisches Cash (Antizyklisches Timing)
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3 % Hedging-Komponenten (Put-Optionen, inverse ETFs)
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2 % Rebalancing-Effekt (Buy-the-Dip)
Diese Portfolioaufteilung zeigt, wie klassische Beta-Komponenten mit Alpha-orientierten Satelliten kombiniert werden können.
Übersicht: Alpha-Potenzial der Strategien
|
Strategie |
Alpha-Potenzial |
Schwierigkeit |
Bemerkung |
|---|---|---|---|
|
SAA |
Niedrig |
Gering |
Wichtig zur Struktur, keine aktive Alpha-Quelle |
|
Rebalancing |
Gering bis mittel |
Gering |
Stabilisiert, liefert kleinen Zusatznutzen |
|
Market Timing |
Hoch |
Hoch |
Nur mit Erfahrung und Datenbasis sinnvoll |
|
Thematic Funds |
Mittel |
Mittel |
Timing und Trendbewertung entscheidend |
|
Stock Picking |
Hoch |
Hoch |
Klassische Alpha-Quelle, erfordert Know-how |
|
Hedging |
Situativ hoch |
Mittel bis hoch |
In Krisen wertvoll, sonst teuer oder ineffizient |
Nach all den Strategien stellt sich eine zentrale Frage: Muss ich als Privatanleger:in überhaupt versuchen, Alpha zu erzielen? Oder ist ein passiver Ansatz langfristig nicht doch die klügere Lösung?
Aktiv vs. Passiv: Was passt zu wem?
Die folgende Übersicht zeigt, wie sich aktives und passives Investieren gegenüberstellen – hinsichtlich Aufwand, Kosten, Renditechancen und mentalem Aufwand.
|
Kriterium |
Aktive Strategie (zum Beispiel Stock Picking) |
Passive Strategie (zum Beispiel Descartes) |
|
Zielsetzung |
Outperformance, Alpha |
Marktbreite Rendite, Beta |
|
Aufwand & Zeitbedarf |
Hoch |
Gering |
|
Kostenstruktur |
Meist höher (Fonds, Research, Trades) |
Günstig (ETFs, All-in-Fees) |
|
Emotionale Belastung |
Hoch (ständige Entscheidungen nötig) |
Gering (automatisiert & transparent) |
|
Eignung für Privatanleger |
Nur bei starkem Know-how sinnvoll |
Ideal für langfristige Vermögensbildung |
Lesen Sie dazu auch unseren Blogartikel «Aktiv vs. passiv investieren».
Kurz gesagt
Alpha zu erzielen ist anspruchsvoll, aber möglich. Wer es ernst meint, muss bereit sein, Zeit in Analyse und Strategie zu investieren. Statt auf eine einzige Methode zu setzen, empfiehlt sich eine Kombination aus Stock Picking, Themen-Investments, taktischem Verhalten und kontrolliertem Risiko-Management. Gleichzeitig sollte die strategische Allokation als Basis stabil bleiben.
Doch für die meisten Privatanleger:innen ist eine passive, breit diversifizierte Anlagestrategie wie jene von Descartes langfristig die bessere Wahl. Sie schont Nerven, reduziert Kosten und vermeidet die häufigen Fehler aktiver Anleger:innen. Denn manchmal ist es der grösste Alpha-Gewinn, sich das ständige Suchen nach Alpha zu ersparen.
Literatur
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Brinson, Hood & Beebower (1986): Determinants of Portfolio Performance
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Fama & French (1992): The Cross-Section of Expected Stock Returns
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Greenblatt (2006): The Little Book That Beats the Market
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Asness et al. (2013): Value and Momentum Everywhere
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Vanguard (2010): Market Timing: When Active Management Hurts Performance
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Arnott et al. (2013): The Rebalancing Bonus
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Vanguard Schweiz (2024): Insights from Swiss Wealth Managers on Alpha Strategies
Disclaimer: Dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information. Obwohl Descartes die obigen Inhalte und Informationen sorgfältig recherchiert hat, kann keine Gewähr für deren Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen werden. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen.